Yin & Yang

Wissen

Yin & Yang

In den ersten Jahren meiner Tai‑Chi-Praxis habe ich „nur“ eine (leere) äußere, körperliche Form gelernt. Als ich Yin und Yang kennengelernt habe, hat das mein Tai Chi völlig verändert. Und je intensiver ich mich damit beschäftige, desto mehr verändert es mich. Nicht nur beim Tai Chi, sondern vor allem in meinem Alltag.

Yin und Yang machen nicht nur die Tai‑Chi-Form lebendig.

Vor Yin und Yang war Wújí, die ursprüngliche Leere, die vollkommene Einheit, die Reinheit, das Dào, das das Potential für alles Seiende in sich trägt, meistens dargestellt als leerer Kreis.

Wuji
Yin und Yang

Daraus geht das Tàijí hervor, die Dualität, die Polarität, das Gegensätzliche, die sich wiederum zu einer untrennbaren Einheit ergänzenden komplementären Urkräfte Yin und Yang.

Yin und Yang

Aus Yin und Yang entstehen Himmel, Erde und der Mensch und daraus „die zehntausend Dinge“, also alles, was existiert. Daraus folgt, dass alles aus Yin und Yang besteht und in allem Yin und Yang enthalten sind. Wenn z. B. der Yin‑Part eines Yin‑Yang-Paares betrachtet wird, besteht auch dieser aus Yin und Yang.

Yin und Yang symbolisieren alle Gegensätze.

Diese Gegensätze bedingen einander: Yin kann es nur geben, wenn es auch Yang gibt und wenn es Yin gibt, gibt es auch Yang. Yin existiert also nicht ohne Yang und Yang nicht ohne Yin.

Die eine Seite eines Paares wird durch die andere Seite definiert. Etwas kann nicht für sich alleine yang sein, es ist nur im Verhältnis zu etwas Yingerem yang. Etwas Warmes ist nur im Verhältnis zu etwas Kälterem warm, im Verhältnis zu etwas Wärmerem ist es kalt.

Es kommt also darauf an, mit was etwas ins Verhältnis gesetzt wird, aus welcher Perspektive etwas betrachtet wird.

Werden nur die hier aufgelisteten Gegensatz-Paare betrachtet, scheint es sich um statische Zustände zu handeln und die Entwicklung bis zu diesem Zustand ist nicht deutlich.

Wenn das Paar dunkel/hell betrachtet wird und dabei Licht mittels Dimmer an- und ausgedreht wird, beginnt "hell", also Yang, sobald der Dimmer in die An‑Richtung gedreht wird. Sobald der Dimmer in die andere Richtung gedreht wird, beginnt "dunkel", also Yin. Die Yin‑Phase, das Dunkelwerden, beginnt also, wenn es am hellsten ist.

Yin - Yang
Ruhe - Bewegung
leise - laut
Entspannung - Anspannung
passiv - aktiv
innen - außen
zuhören - sprechen
aufnehmen - abgeben
schwer - leicht
unten - oben
kalt - warm
Winter - Sommer
Mond - Sonne
Wasser - Feuer
Struktur - Funktion
Akku laden - verbrauchen
schlafen - wach sein
klein - groß
Yin - Yang
langsam - schnell
weich - hart
unterfordert - überfordert
zurück - vorwärts
hinten - vorne
einatmen - ausatmen
komprimieren - expandieren
schließen - öffnen
Tal - Berg
Nacht - Tag
Schwarz - Weiß
dunkel - hell
Erde - Himmel
Materie - Energie
tanken - fahren
Bogen spannen - Pfeil abschießen
Leere - Fülle

Dies ist nur eine kleine Auswahl. Grundsätzlich hat alles einen Gegenpart, auch wenn es manchmal nicht so einfach ist, ihn wahrzunehmen.

Yin und Yang beinhalten jeweils den Keim des Gegenpols in sich, was zu einem stetigen Wandel der Polaritäten führt. Die Dynamik des Wandels ist auch im Yin‑Yang-Symbol sichtbar.

Wenn Yang stärker wird, nimmt Yin ab. Danach nimmt Yin wieder zu und Yang ab.

Yin und Yang sind ein universelles, natürliches Prinzip und diese stetige Entwicklung lässt sich zwar beeinflussen, aber nicht aufhalten. Die Zeiträume sind manchmal so groß, dass wir die Veränderung nicht wahrnehmen, und doch ist alles in andauerndem Wandel. Das führt immer wieder zu Ausgleich und Balance.

Unser heutiger Alltag ist stark yanggeprägt: Alles muss immer schneller erledigt werden, gegessen wird am Schreibtisch, wir sind ständig erreichbar, die Konzentration ist immer im Außen, bei Kunden, am Monitor, andauernde Anspannung und Selbstoptimierung. Und in der Freizeit wird auf dem Rad oder beim Laufen persönlichen Rekorden hinterhergehechelt und während des Fernsehens wird auf dem Handy gedaddelt. Puhh.

Pausen werden geduldet aber nicht wertgeschätzt. Dabei ist das Yin, die Ruhe und das Aufladen, genauso wichtig.

Dauerhaft zu wenig Ruhe und Aufladen, die anhaltende Dysbalance führt über kurz oder lang zum Ausbrennen. Krankheiten erzwingen dann Ruhe. Viel geschickter und gesünder ist es, im natürlichen, fließenden Wandel zu bleiben, statt einen unkontrollierten, harten Umbruch zu provozieren.

Im Verhältnis zum Alltag ist Tai Chi sehr yin. Die Bewegungen sind langsam, und um die Bewegungen zu koordinieren, ist die Konzentration zunächst bei sich selbst, beim eigenen Körper, nach innen gerichtet. Die ständig angespannten Schultern werden entspannt. Und die meisten Leute, die sich für Tai Chi interessieren, suchen genau diesen Gegenpart zum schnellen Alltag, einen Ruhepol, einen Fels in der Brandung.

Aber für sich betrachtet ist Tai Chi völlig ausgeglichen, Yin und Yang sind gleichwertig und in stetigem Wandel.

Deshalb wechselt z. B. die Belastung der Füße beim Tai Chi ständig (belastet/unbelastet) und der Atem hat eine besondere Rolle (einatmen/ausatmen), der Körper öffnet und schließt sich und nimmt Energie auf und gibt sie wieder ab.

Alles fließt selbstverständlich und führt in die eigene Mitte.

Durch Tai Chi kannst Du die Gleichwertigkeit von Yin und Yang erfahren und durch stetiges Üben wird der Wechsel zwischen Aktivität und Ruhe auch im Alltag natürlicher.

Wenn Du nicht mehr dauernd am Limit, sondern in Deiner Mitte bist, hast Du mehr Spielraum, auf Impulse zu reagieren und bist resilienter. Der Umgang mit Anderen und Deiner Umwelt wird entspannter und harmonischer. Du kämpfst nicht mehr gegen Impulse von außen, sondern kannst mit ihnen spielen.

Der Yin-Weg führt Dich aus dem stressigen Alltag immer wieder zurück in die Ruhe, in der Du Dich regenerieren und aufladen kannst. Aus diesem Yin heraus, kannst Du kraftvoller in Deinen Alltag gehen.

Natürlich enthält Der Yin‑Weg auch Yang-Anteile und je ausgeglichener Du mit der Zeit wirst, desto ausgeglichener wird Der Yin‑Weg für Dich sein.

Letztlich geht es um die Balance von Yin und Yang, um die Gleichwertigkeit der Polaritäten, um Harmonie.

Yin ist also auf dem Yin‑Weg langfristig nicht wichtiger als Yang.

Die Fünf Elemente (Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser) sind eine Verfeinerung von Yin und Yang und ein System, mit dem Du Zusammenhänge und Wirkungen verstehen kannst.

Fünf Elemente

Die Fünf Wandlungsphasen ist eine verständlichere Bezeichnung für die Fünf Elemente, denn es handelt sich um sich ständig verändernde, sich wandelnde (Energie-)Zustände, die sich gegenseitig beeinflussen. Wie Yin und Yang, entsteht ein Element aus dem anderen, z. B. wandelt sich der als Holz beschriebene Zustand in Feuer usw.

Abgeleitet aus der Beobachtung der Natur, dient das System der Fünf Elemente der Beschreibung aller Wechselwirkungen z. B. zwischen Mensch und Umwelt oder zwischen den einzelnen Organen innerhalb des Körpers.

Betrachtest Du die Natur im laufe der Jahreszeiten, kannst Du die Fünf Elemente folgendermaßen sehen:

木 Das Holz, das kleine Yang, steht für den Frühling, die Zeit der Keime, neuen Triebe und Knospen und das frische Grün.

火 Das Feuer, das große Yang, repräsentiert den Frühsommer mit der am Zenit stehenden Sonne, die Hitze und die Blütezeit der Pflanzen.

土 Die Erde, das neutrale Element, wird dem Spätsommer zugeordnet, in dem sich die Blüten zu Früchten wandeln und diese reifen. Die schwer mit Früchten behängten Obstbäume sind Ausdruck von Erde-Energie.

金 Das Metall, das kleine Yin, steht für den Herbst, die Ernte und den Abschied von der Fülle. Die Pflanzen lassen alles Überflüssige fallen und ziehen ihre Flüssigkeiten ganz nach innen zurück. Es ist eine Konzentration auf das Wesentliche.

水 Das Wasser, das große Yin, entspricht dem Winter, der Zeit der Kälte, in der alle Pflanzen zur Ruhe gekommen sind und ihre Essenz im Innern bewahren und speichern.

Alle fünf Elemente müssen mit einander im Einklang stehen, um einen harmonischen Energiefluss zu gewährleisten, da sie sich gegenseitig nähren und kontrollieren oder schädigen. Ein dauerhaftes Überwiegen oder Mangel eines oder mehrerer Elemente führt zu einem Ungleichgewicht und zu Krankheiten.

Du kannst jedes der einzelnen Elemente täglich in Deiner Umwelt in Eigenschaften, Emotionen, Formen, Farben, Nahrungsmitteln, Jahreszeiten, Prozessphasen usw. entdecken.

Die Acht Trigramme bestehen jeweils aus drei Linien, die entweder unterbrochen (Yin) oder durchgezogen (Yang) sind. Daraus ergeben sich acht mögliche Kombinationen.

Acht Trigramme

Sie dienen als universelles Orientierungsmodell und werden meistens in einem Kreis angeordnet dargestellt, wobei es zwei unterschiedliche Ordnungen gibt. Entweder steht oben der Himmel und unten die Erde, wie im hier dargestellten Bild, oder oben das Feuer und unten das Wasser.

Jedes Trigramm repräsentiert einen anderen Aspekt der natürlichen Welt und des menschlichen Verhaltens, ähnlich wie bei den Fünf Elementen. So wird jedem der Trigramme eine bestimmte Bedeutung zugeordnet, die sich in Himmels­richtungen, Wetter, Organen, Persönlichkeits­strukturen usw. zeigen.

Außerdem wird jedem der Trigramme eine Figur aus dem Tai Chi zugeordnet, entsprechend der Energie und Wirkung der Figur.

☰ Qian | Himmel

Das Schöpferische

Das Himmel-Trigramm symbolisiert Stärke, Kreativität, Inspiration und den Zenit. Es repräsentiert eine positive, sich ausdehnende und mächtige Kraft, die mit den Ideen von Größe, Erfolg und Leistung verbunden ist.

Qian ist das erste Trigramm und zeigt den Anfang von allem. Es steht auch für den Vater und das männliche Prinzip.

Peng, abwehren

☷ Kun | Erde

Das Empfangende

Das Erd-Trigramm symbolisiert Empfänglichkeit, Harmonie, Verbindung und Stabilität. Es repräsentiert eine ruhige, ausgeglichene und unterstützende Kraft, die mit den Ideen von Verwurzelung, Fürsorge und Zuverlässigkeit verbunden ist.

Kun ist das zweite Trigramm und steht auch für die Mutter und das weibliche Prinzip.

Lu, zurückrollen

☵ Kan | Wasser

Das Abgründige

Das Wasser-Trigramm symbolisiert Gefahr, Tiefe und das Unbekannte. Es repräsentiert eine mächtige, fließende, ausdauernde und geheimnisvolle Kraft, die mit Ideen von Unsicherheit und Abgründigkeit verbunden ist.

Kan steht auch für Mühe, Zwiespältigkeit und Anpassung.

Ji, drücken, bedrängen

☲ Li | Feuer

Das Erhellende

Das Feuer-Trigramm symbolisiert Helligkeit, Wärme, Licht und Klarheit. Es repräsentiert eine energetische und strahlende Kraft, die mit den Ideen von Begeisterung, Inspiration und Anhaftung verbunden ist.

Li steht auch für Bewegung, Leidenschaft und Enthusiasmus.

An, schieben

☳ Zhen | Donner

Das Erregende

Das Donner-Trigramm symbolisiert Aufregung, Erregung und plötzliche Veränderung. Dieses Trigramm repräsentiert eine dynamische, aktive, initialisierende und energiegeladene Kraft, die mit den Ideen von Fortschritt, Entwicklung und Wachstum verbunden ist.

Zhen steht auch für Kraft, Schnelligkeit und Initiative.

Lie, teilen

☴ Sun | Wind

Das Sanfte

Das Wind-Trigramm symbolisiert Durchdringung, Sanftheit und Folgen. Es repräsentiert eine weiche, flexible und reine Kraft, die mit den Ideen von Nachgiebigkeit, Anpassung und Fülle verbunden ist.

Sun steht auch für Abwägung, Freiheit und Spontaneität.

Cai, pflücken, ausreißen

☶ Gen | Berg

Das Ruhende

Das Berg-Trigramm symbolisiert Ruhe, Solidität und Unbeweglichkeit. Es repräsentiert eine stabile, unveränderliche und beständige Kraft, die mit den Ideen von Reflexion und Besinnung verbunden ist.

Gen steht auch für Stille, Kontemplation und Vollendung.

Kao, (Schulter-)Stoß

☱ Dui | See

Das Heitere

Das See-Trigramm symbolisiert Freude, Heiterkeit, Glück und Zufriedenheit. Es repräsentiert eine ruhige, friedliche und beschauliche Kraft, die mit den Ideen von Erfüllung, Offenheit und Kontakt verbunden ist.

Dui steht auch für Beweglichkeit, Vergnügen und Freundlichkeit.

Zhou, Ellenbogen(-Stoß)

Werden jeweils zwei Trigramme kombiniert, ergeben sich 64 Möglich­keiten, die 64 Hexagramme. Diese werden im berühmten Buch I Ging, dem Buch der Wandlungen, ausführlich beschrieben.

Daraus kann z. B. ersichtlich werden, in welchen Konstellationen Energien, Impulse und deren Wirkungen harmonisiert und ausgeglichen werden können. Das spielt u. a. im Feng Shui eine wichtige Rolle.

 

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